VON DR. CORNELIA VON DETTEN
Kunsthistorikerin
PETRA AMTSBERG HOFFMANN
Seit 2003 verfolgt Petra Amtsberg-‐Hoffmann konsequent ihre malerische Laufbahn und präsentiert ihre Arbeiten in regelmäßigen Ausstellungen in der Öffentlichkeit. Besonders inspirierend war ihr Sommersemester an der Salzburger Akademie bei dem Maler Norbert Bisky 2014, der sie zu großformatigen, farbintensiven und experimentellen Arbeiten motivierte. In der Orangerie tritt Petra Amtsberg-‐Hoffmann heute mit einem neuen Werkzyklus auf. Kontrastreiche Bilder, die vor allem durch ihre räumliche Wirkung bestechen, sind entstanden. Eine Rückbesinnung auf die beruflichen Wurzeln der Künstlerin erklärt in diesem Zusammenhang ihren ausgeprägten Sinn für räumliche Gestaltung, der in den neu komponierten Bildwerken klar ablesbar ist. Petra Amtsberg-‐ Hoffmann studierte 1982-‐1986 Innenarchitektur in Rosenheim.
Um sich der Lesbarkeit ihrer Bilder zu nähern, ist es wichtig sich mit Ihrer Arbeitsmethode zu befassen. Den Beginn einer neuen Arbeitsperiode leitet die Künstlerin meist mit zahlreichen kleinen Aquarell-‐, Bleistift-‐ oder Tuschestudien (Din 3 und kleinere Formate) ein. Mit schnellen Pinselstrichen werden räumliche Situationen im Straßencafé oder im häuslichen Ambiente festgehalten, Landschaftsausschnitte farblich fixiert, Insekten spielerisch nachgezeichnet oder ein malerischer Gestus wird lustvoll mehrfach auf Papier fixiert und phantasievoll variiert. Ein Arbeitsprozess, der eine hohe Konzentration auf das Malen an sich birgt, wird hier eingeleitet. Die Hand, die malt, frei von Inhalten, ist locker und absichtslos. In einem weiteren Arbeitsschritt werde die zahlreich entstandenen Studien am Arbeitsplatz ausgebreitet. Dienten die Aquarelle undZeichnungen zunächst als Mittel der Konzentration und der Befreiung, so sind sie jetzt Studien derInspiration, aus denen die Künstlerin sich notwendige Details entnimmt, die sie in ihrengroßformatigen Arbeiten einbaut.
Zu Beginn legt sie den mit grundierter Leinwand bezogenen Keilrahmen meist auf den Boden ihres Ateliers und bearbeitet die Malfläche mit großen Pinseln. Manchmal wird der Pinsel an einem Stock befestigt, damit die Malerin mit einer großen ausholenden Bewegung, nicht nur der Hand, sondern des ganzen Körpers, ihre farbigen Spuren auf der Malfläche hinterlassen kann. Das ist ein sehr dynamischer Akt, ohne Festlegung einer Richtung oder der Bestimmung von Oben und Unten. Enthusiastisch und energiegeladen bearbeitet die Künstlerin das Bild von allen Seiten, sie dreht und wendet es. Erscheint es notwendig, richtet sie ihr Bild senkrecht auf. Die flüssige Farbe wird dann in ihrer Substanz erkennbar, denn sie läuft in langen Rinnsalen die Leinwand hinunter. Manchmal spritzt sie die flüssige Farbe des triefenden Pinsels auch schlicht und ergreifend auf die Leinwand. Zu guter Letzt wird die entstandene Malfläche aus Pinselspuren und Farbflecken bei Seite gestellt um zu trocknen. Da Petra Amtsberg- ‐Hoffmann schnell trocknende Acrylfarbe verwendet, ist das ein zügiger Prozess. In weiteren Arbeitsschritten wird die Leinwand wieder hervorgeholt, manchmal mit Ol--‐ und Pastellkreiden bearbeitet, mit Farben unterschiedlicher Dichte übermalt, Details herausgearbeitet und neue Formen entwickelt.
Vor diesem Hintergrund betrachten wir nun eines ihrer jüngsten Werke, das quadratische Bild mit dem amüsanten Titel „Mrs Smellgood“ (Acryl auf Leinwand, 140cm x 140cm), der vermutlich eine Anspielung auf die Tatsache ist, dass Farben auch den Geschmacksnerv und Geruchssinn ansprechen.
„Mrs Smellgood“ stammt aus dem neuen Werkzyklus, in welchem Petra Amtsberg--‐Hoffmann sich auf die räumliche Qualität von Farbe konzentriert. Die neue Anordnung auf ihrem Bild erinnert an Kompositionsstrategien eines Francis Bacon. Die Künstlerin stellt Farbflächen mit impulsiv aufgetragener Farbe, deren Pinselverlauf ablesbar ist, neben ruhende Farbflächen ohne jegliche Pinselspur oder Pinselduktus. Hierbei entsteht eine existenzielle Ambivalenz zwischen vibrierender Expressivität und einer Leere, die Konzentration und Kontemplation birgt. Verstärkt wird diese Wirkung durch die Gegenüberstellung blickdichter, pigmentreicher aufgetragener Malflächen und transparenter flüssiger Malflächen. Hier scheint die Künstlerin stellenweise Farbkörper und Farbräume evozieren zu wollen. Erkennbar ist eine Affinität zu den Werken von Marc Rothko, dessen Bilder in der Regel den Charakter einer großen Stille haben, durch den sie den Betrachter veranlassen, sich in sie zu versenken. Sie veranlassen ihn zu einem meditativen Verhalten, für das sie zur Resonanzfläche werden. Auch in den Bildern von Petra Amtsberg--‐Hoffmann finden sich Farbflächen mit räumlicher und spiritueller Bedeutungsschwere.
Weiterhin wird das Bild „Mrs Smellgood“ charakterisiert durch lebendige leuchtende Farben, die die Künstlerin auf ihrer Palette bevorzugt. Kontrastreich stehen helle Pastelltöne, weiße Malflächen, leuchtendes Gelb, Rot und Grün neben der erdig roten, fast monochromen Farbfläche. An einzelnen Stellen entsteht der Eindruck als wären, wie bei einer Collage, bemalte Leinwandstücke aufgeklebt worden.
Neben farbigen Flecken und Farbverläufen finden sich auch kalligraphische Kritzeleien und Spuren auf der Leinwand. Kreisförmige Linienverläufe mit weißer Öllkreide verdichten sich in der Mitte des Bildes, lineare Kratzspuren sind an der unteren Seite der Leinwand zu erkennen Die Linie ist hier selten Umrisslinie, nein, sie ist Träger von Energie, sie ist schwungvoll dynamisch, manchmal ist sie hektisch aggressiv, manchmal lustvoll rhythmisch. Auf dem Bild mit Namen „Scuba“ (Acryl auf Leinwand, 140cm x 140cm) trifft man beispielsweise eine Anhäufung von Punkten, kleinen Kreisen und Linienschwüngen, Kreuzen und mageren Strichen, die engmaschig nebeneinandergesetzt sind. Hier ist die Grammatik der zeichnerischen Vorgehensweise eines Cy Tomblys ablesbar.
Auf manchen ihrer älteren Bilder bewegen sich erkennbare Details wie Gesichtszüge, Tierkörper oder Gegenstände durch Übermalungen und Überlappungen mit weiteren Farbfeldern an der Grenze zwischen Abstraktion und Figuration. Dieses Spiel zwischen Abstraktion und Figuration treibt sie in ihren neuesten Bild “A little bit of feelgood” (Acryl auf Leinwand, 100cm x 100cm) auf die Spitze. Auf den ersten Blick meint der Betrachter ein Stillleben mit räumlicher Dimension vor sich zu haben. Er sieht einen Tisch auf dem eine Blumenvase links steht, weitere Krüge und Gefäße auf weißer Tischdecke sind erkennbar. Doch der fokussierte Blick zeigt, dass hier souverän lineare Elemente neben flächigen malerischen Elementen stehen, die bedeutungsfrei sind und keinen Gegenstand beschreiben. Petra Amtsberg--‐Hoffmann führt vor, was reine Malerei leisten kann und spielt mit der Illusion. Das Expressive ist in diesem ausgewogenen Bild gewichen, das spontane eingemündet in die Rhythmik freier Formen.
Dr. Cornelia von Detten
(Kunsthistorikerin)
Dr. Cornelia von Detten
Kunsthistorikerin